Mr. Tottler
Diese Rubrik ist unserem Wettbewerb für Kölner Musiker und Bands gewidmet, den wir seit 2013 alle zwei Jahre ausrichten: Euer Song für Köln. 2017 gewann mit Mr. Tottler erstmals keine Band, sondern ein Solo-Künstler. Dass er eigentlich schon ganz gerne eine Band hätte, erzählt Mr. Tottler alias Marcus Treinen im Interview.
Mr. Tottler
„Nie jenoch“
Marcus Treinen (Gesang, Gitarre)
Anfang der 1990er Jahre
in Bergheim
Das Dach des Kölner Hauptbahnhofs
Wir erinnern uns, dass Du bei der Verkündung des Gewinners im Finale 2017 sehr überrascht zu sein schienst, dass Du das warst. Wie hast Du den Moment erlebt?
Für mich war die Band LAX der absolute Top-Favorit im Finale. Ich stand auf der Bühne und hörte Moderator Linus bei der Ergebnisverkündung zu. Er sagte: „Der dritte Platz geht an LAX.“ Da fing ich an zu rechnen: Es gibt keine Band, die besser als LAX waren, also hast Du eventuell gewonnen ... Dann sagte Linus: „Und der zweite Platz geht an Jean Christoph“. Da war mir klar: Jetzt hast du hast gewonnen. Ich bin total ausgeflippt. Und besonders schön fand ich, dass dann auch noch meine Eltern auf die Bühne kamen.
Nach Deinem Gewinn bei Euer Song für Köln 2017 hattest Du einen großen Traum: Dein erstes Album aufnehmen und dann mit eigener Band die Bühnen im Rheinland unsicher machen. Wie weit bist Du damit?
Von dem Gedanken an ein Album bin ich mittlerweile total weg. Ich habe mit vielen Kollegen gesprochen, die haben mir meistens abgeraten: Die Leute kaufen kaum noch Alben, die sind fast nur noch bei den Streamingdiensten. Mach eine Single mit Video dazu, dann die nächste. So findest Du am ehesten Gehör.
Und was ist aus den Bandplänen geworden?
Damit war ich zwischenzeitlich eigentlich schon recht weit. Ich habe in meinem Musikerdunstkreis gesucht und hatte irgendwann alle Musiker zusammen. Im Herbst 2019 hatten wir einen ersten Auftritt im ‚Gaffel am Dom‘ als Vorband von Schmitzebud, die übrigens auch im selben Jahr wie ich bei „Euer Song für Köln“ mitgemacht haben. Das war ein toller Auftritt – zwar nur eine halbe Stunde, aber hat Spaß gemacht. Doch dann kam Corona …
Was hat das für Dich und Deine Band bedeutet?
Erstmal keine Proben mehr. Die Zahl der Auftritte ist total runtergegangen: von 164 im Jahr 2018 auf 37 im Jahr 2020. Immerhin kamen dann überall diverse Livestream-Konzerte, zum Beispiel in Hürth. Da stand ich ganz alleine mit meiner Gitarre auf der großen Bühne im Bürgerhaus. Kann man machen, ist aber kein Vergleich zu einem Auftritt vor richtigem Publikum. Deshalb fand ich die Idee der GAG im März 2020 total gut, im Innenhof des Pohligblocks für die Bewohner zu spielen. Zu dieser Zeit trat dann aber ein weiteres Problem auf …
Was war los?
Ich habe plötzlich die Töne in den höheren Lagen nicht mehr erreicht. Erst habe ich gehofft, dass das schnell wieder weggeht, und mich beim Singen um die hohen Töne rumgedrückt. Dann bekam ich Angst, dass das eine Alterserscheinung ist. Jetzt bist Du 46, dachte ich, da wird man halt langsam zum Nichtsänger.
Und so kommt es jetzt auch?
Zum Glück nicht. Ende Juli bin ich endlich mal zum Arzt gegangen. Der stellte eine Stimmbandentzündung fest. Ich habe ein paar Wochen Cortison geschluckt, dann wurde es besser. Aber Live-Spielen oder Aufnehmen war die ganze Zeit nicht drin. 2020 war also insgesamt kein gutes Jahr für mich als Musiker. Zur neuen Session wollte eigentlich den Song ‚Dä Schinamann us Scheinataun‘ als Sessionslied rausbringen. Aber ohne Gelegenheiten, es im Karneval mit Band zu spielen, macht das wenig Sinn. Zum Glück habe ich noch meinen Job bei der Deutschen Bahn. Ich muss also nicht von der Kunst leben.
Du lebst in Bergheim und bist eher auf den Bühnen im Umland unterwegs, also ziemlich unabhängig von der Kölner Szene. Hat Dir der Gewinn bei Euer Song für Köln trotzdem etwas gebracht?
Es kamen schon ein paar Auftritte, die ich sonst nicht gehabt hätte, zum Beispiel bei der „Nacht der Sieger“ in der Volksbühne am Rudolfplatz. Aber im Großen und Ganzen habe ich weiter mein Ding gemacht.
Wie gehst Du jetzt die Zukunft an?
Ganz pragmatisch. Alles, was ich mir für 2020 vorgenommen habe, nehme ich jetzt eben für 2021 in Angriff – vor allem mit einer Band ein Bühnenprogramm für den Karneval zu erarbeiten. Und dann hoffen wir mal, dass die Session dann auch stattfinden kann.
Hast Du einen guten Rat für Bands und Musiker, die es Dir gleichtun und auch mal bei Euer Song für Köln gewinnen wollen?
Einfach echt und authentisch bleiben, nicht von anderen Leuten verbiegen lassen. Die eigene Musik mit dem Handy aufnehmen und anhören. Danach entscheiden, was ist wichtig im Song und was nicht, was kann weg und was kann bleiben. In der Kürze liegt die Würze. Vom Text vielleicht nicht immer schreiben, wie schön Köln ist, sondern auch mal eine andere Sichtweise zulassen. Wie zum Beispiel bei ‚Wenn et Kölle nit jöv‘ von Wat Ess!?, die 2019 bei Euer Song für Köln gewonnen haben. Das ist poetisch ganz großes Kino.
Text: Sebastian Züger
Titelbild: Thilo Schmülgen
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