Vrings 5 sind die Gewinner des Musikwettbewerbs Euer Song für Köln 2023. Im Finale im Kölner „Gloria“ setzte sich die 7-köpfige Band mit ihrer Soulmusic mit kölschen Texten gegen CÉSAR & Odimba und Katharina Reissdorf durch.
Der letzte Beat ist geschlagen, der letzte Ton verklungen. Im unteren Teil des Backstage im „Gloria“, dem vielleicht schönsten Club in Köln für Popmusik und Artverwandtes, versammeln sich die Finalisten. Kölsch fließt, auch ein paar Tränchen – und vor allem ein einiger Strom großer Erleichterung. „Endlich vorbei …“
Noch in der Pause zwischen den beiden Fünfer-Blöcken, auf die das Organisationsteam der GAG die insgesamt 10 Finalisten aufgeteilt hat, hat Katharina Reissdorf das Gefühl auf den Punkt gebracht, das wohl viele ihrer Kollegen und Kolleginnen ähnlich verspürt haben dürften: „Es darf jetzt langsam soweit sein“, sagt die Sängerin. „So viel Zeit, in der man sich vorbereitet und Werbung gemacht hat für die Wettbewerb. Jetzt will ich, dass es endlich passiert.“
Ein paar Minuten später steht sie mit ihrer vierköpfigen Band – übrigens der einzigen mit dem für kölsche Musik so typischen Akkordeon in der Besetzung – auf der Bühne. Bedankt sich bei ihrer Mutter, ohne die sie ihren Beitrag „He zohus“ nie so hätte schreiben können, wie sie ihn geschrieben hat. Und holt sich nochmal ein paar Minuten später, um kurz vor 22 Uhr, den dritten Platz.
Um Katharina herum die weiteren Finalteilnehmer: Björn Bergener mit seinen Jungs, die mit ihrer energiegeladenen Performance des Songs „825“ auch gut und gern eine größere Menge im Rheinenergie-Stadion in Wallung hätten bringen können. Das Köln-Mülheimer HipHop-Duo Anatolian Lover & Jonesis, das mit „Rechtzeitig Rechtsrheinisch“ dem Linksrheinischen einen präzis gesetzten, gut abgehangenen Diss verpasst haben. Der rappende Krankenpfleger NicoR, der „dat Hätz op und dä Kopp zo“ macht, damit er seine Stadt nicht nur lieben, sondern auch angemessen kritisch betrachten kann. Oder die erst 17 Jahre alte, aber bemerkenswert stilsichere Songwriterin Leni, die zu federleichten Synthieflächen den „Kölner Himmel“ besungen hat.
Die Spannung ist im Saal mit Händen zu greifen. Wer hat das Rennen gemacht? Bei wem ergibt sich Online-Voting, Jury-Entscheid und Publikum-Wahl der Siegerquotient? Nach den durchweg gelungenen Auftritten der zehn Finalisten ist – anders als beim Gewinn von Fabi („Aanjekumme“) vor zwei Jahre – kein klarer Favorit auszumachen.
Franziska Schicketanz übernahm mit ihrer Band die undankbare Rolle des Openers. Mit einer auf den Punkt performten, dynamisch geschickt inszenierten Live-Version ihre Ballade „Bei dir (Kölle sind wir)“ machen sie das Beste aus dem unangenehmen Startplatz. Das ist auch Tyrese nicht entgangen, der den Auftritt offenbar tief beeindruckt mit ernster, fast regloser Miene verfolgt hat. Auf die Frage „Wie isset?“ von Moderator Martin Schopps, der die gut 400 Gäste launig durch den Abend führt, hat der sonst so exaltierte Nachwuchsmusiker genau eine Antwort: „Ich bin schon aufgeregt.“
Diese Aufregung ist beim Auftritt kurze Zeit später flugs dahin. CÉSAR & Odimba stürmen schon fast erwartungsgemäß im Handstreich in die Herzen des Publikums. Nomen est omen: Die „Rampensau“, von der sie erzählen, soll allerdings gar nicht das Duo selbst sein, sondern Köln, die Stadt am Rhein. „Wenn ich auf der Bühne stehe, bin ich César der Artist“, sagt Tyrese‘ Kollege. „Und dann ist das mit der Aufregung gar kein Problem mehr.“ Mit dieser Einstellung hüpfen und springen, rappen und singen sich CÉSAR & Odimba in die Herzen des Saalpublikums und auf Platz 2.
„Es war echt ein durchweg gutes Niveau heute“, lobt Juror Mike Kremer, der den Wettbewerb 2013 mit seiner Band Miljö selbst gewonnen und seither in jeder ESFK-Jury gesessen hat. „Kein Ausreißer nach unten, sondern lauter gute und sehr gute Auftritte. Da kommt es jetzt allein auf die Qualität der Musik an.“
Und die zu vergleichen, abseits des persönlichen Geschmacks, ist nicht einfach. „Am besten“, hat Mike in seinen vielen Jurysitzungen herausgefunden, „hört und sieht man sich erstmal alle an und fängt erst dann mit dem Ausfüllen der Bewertungsbögen an. Sonst hat man schon an einer Stelle zehn Punkte vergeben und muss das dann wieder ändern, weil einem was anderes noch besser gefallen hat.“
Susan Hollender ist mit ihrer Deutschrock-Band Frau Reim ganz emotional in ihr Finalabenteuer namens „Kölle“ gestartet. „Vorne rechts an der Bühne standen meine Kinder. Da hat meine Stimme bei den ersten Sätzen der Anmoderation schon ganz schön gezittert.“ Dwayne und Jabul haben Sängerin Cage und eine exquisite Jazz-Combo dabei und legen mit ihrer Chillout-Nummer „Sommertag“ den handwerklich wahrscheinlich anspruchsvollsten Auftritt des Abends hin.
Aber wer holt sich die ESFK-Krone 2023? Vor der Verkündung des Gewinners überreicht GAG-Marketingleiterin Katrin Heinecke noch rasch einen dieser riesigen Schecks, die bei Fototerminen so beliebt sind. Die Zahl darauf: 3.600. Dies ist die Summe der Eintrittsgelder, die nun dem Verein „Lebenshilfe Köln“ zugutekommen.
Jetzt aber. Martin Schopp schnappt sich das Mikrofon wieder und leitet mit einem Klassiker ein: „Die letzten werden die ersten sein.“ Vrings 5 aus der Kölner Südstadt waren tatsächlich die Schlussband des Abends. Sie waren allerdings schon im Vorfeld ganz vorne und entschieden das Online-Voting klar für sich. Nun haben sie mit „Kölle, nä Dich nimp mr keiner fott“ auch live offenbar ganz entspannt die fehlenden Punkte im Publikum und bei der Jury eingesammelt.
Der Jubel aber fällt überraschend zurückhaltend aus. Dabei war Bandleader Tim Talent vorab und nach einem zweiten Platz beim „ Kölsche Musik Bänd Kontest“ von „Loss mer singe“ doch ziemlich optimistisch gewesen, diesmal auf der Eins zu landen. „Aber wenn es dann soweit ist, ist man doch ganz überwältigt“, gibt er zu. „Wir sind ja noch eine sehr neue Band im Vergleich zu einigen Konkurrenten.“ Bassist Peter Torringen fällt ein guter Grund ein, warum es geklappt haben könnte: „Vielleicht hat die Juroren und das Publikum tatsächlich einfach die Qualität des Songs überzeugt.“
Der Weg ist nun vorgezeichnet. Der Kölsche Soul von Vrings 5 soll nach dem Willen der Band direktemang vom Gloria rein in den Karneval. Für die professionelle Ausstattung fehlte bisher nur: ein rollbares Schlagzeug. Dessen Finanzierung ist mit dem Preisgeld von 5.000 Euro nun gesichert. Herzlichen Glückwunsch!
Text: Sebastian Züger
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