Miss DIY Kerstin Weiser sitzt mit Werkzeugen an der Rheinpromenade
Foto: Patrick Essex

„Der Dom wurde auch nicht an einem Tag erbaut“

In dieser Rubrik versorgen wir Dich mit Hammer-Tipps von Experten zum Heimwerken und Einrichten. Diesmal erzählt uns Kerstin Weiser von ihrer Leidenschaft und ehrenamtlichen Tätigkeit als Miss DIY.

„Schon als Kind habe ich mit meinem Opa gewerkelt. Von Berufswegen war er Stellmacher und ein richtiger Holzwurm. In seinem Haus wurde ständig irgendetwas gesägt, gehämmert oder gebohrt. Ich war von klein auf dabei und hatte deshalb wohl auch nie Berührungsängste mit Werkzeugen.

Als mein Opa nicht mehr konnte, habe ich das 60 Jahre alte Haus übernommen. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, so gut es geht, alles selbst zu machen. Vor allem Fliesen verlegen wollte ich allein, hatte aber überhaupt keine Ahnung von dem Thema. Da sah ich im Baumarkt ein Werbeplakat zu einem Kurs für Fliesenlegen von der DIY Academy. DIY steht für ‚Do it yourself‘ und bedeutet so viel wie ‚Mach es selber‘. Bei der DIY Academy kann man allerhand Kurse belegen. Für kleines Geld zeigen Experten bestimmte Sachen, welches Werkzeug wie funktioniert und so weiter. Außerdem geben sie jede Menge Tipps und Tricks.

Das war echt cool! Mir hat das so einen Spaß gemacht, dass ich noch weitere Kurse belegt habe. Es folgten noch ‚Verputzen‘ und ‚Laminat und Vinylboden verlegen‘. Irgendwann machte mich einer der Trainer auf den Wettbewerb der DIY Academy aufmerksam. 2016 war das. Gesucht wurde die Miss DIY. Wie bei einer Castingshow konnte man sich dort mit einem Video bewerben. Ich tat das mit meinem Flammlachs-Brett. Danach folgte ein Telefoninterview. Ich kam in den Vorentscheid und wurde zum Finale in die Deutzer Messehallen eingeladen.“

Sie gewann den Wettbewerb der DIY Academy

„Das Finale war ganz schön anstrengend. Wir waren sechs Kandidatinnen und hatten die Aufgabe, aus Trockenbauwänden eine Art Balkonterrasse zu erstellen. Dazu gehörte: den Boden zu verlegen, Fliesen an die Wand zu bringen und einen vertikalen Garten zu bauen. Dafür hatten wir vier Stunden Zeit. Und das alles auf der Bühne, vor Publikum im Scheinwerferlicht. Gar nicht so leicht und echt aufregend, weil zum Beispiel der Fliesenkleber durch das heiße Licht viel schneller getrocknet ist als normalerweise.

Bei der Bewertung wurde das Hauptaugenmerk nicht nur auf das handwerkliche Können gelegt, sondern auch auf Kreativität und den Umgang mit der Arbeitssicherheit. Es wurde darauf geachtet, wie die Kandidatinnen mit dem Material umgehen, ob sie zum Beispiel ein Cuttermesser offen herumliegen lassen oder sie beim Arbeiten mit der Stichsäge auch eine Schutzbrille verwenden. Damals machte ich nicht direkt den ersten Platz. Aber als die Gewinnerin ausschied, wurde ich nachnominiert und bin bis heute im Amt."

Sie möchte Mädchen und Frauen zum Heimwerken ermutigen

„Seitdem bin ich Botschafterin für die DIY Academy. Dazu gehören öffentliche Auftritte bei Events oder Messen ebenso wie Fragen von Journalisten zu beantworten. Von denen werde ich häufig gefragt, warum Frauen sich mit Heimwerken so schwertun. Da kann ich immer nur sagen, dass sich das meiner Meinung nach gewandelt hat. Vielleicht durch diesen Holzpaletten-Hype oder Pinterest. Oder vielleicht sind Frauen einfach selbstbewusster geworden. Warum auch sollten wir das nicht können?“

Frauen lesen häufiger die Anleitung.
Kerstin Weiser

„Hin und wieder beobachte ich aber schon, dass manche Klischees stimmen. Zum Beispiel kommen Frauen häufiger auf die Idee, sich die Anleitung anzusehen, bevor sie mit etwas loslegen. Männer hingegen wollen es häufig einfach so schaffen. Und die Herren setzen häufiger sehr viel Muskelkraft ein, auch wenn es gar nicht nötig ist, weil das ja eigentlich der Akkuschrauber oder die Bohrmaschine macht. Es muss oft nur das Knöpfchen gedrückt werden. Dafür gibt es doch schließlich die Maschinen.

Übrigens braucht kein Mensch alle Werkzeuge selbst zu Hause. Heutzutage kannst Du Dir alles leihen: vom Schlagbohrer bis zum Schwingschleifer – entweder im Baumarkt oder bei speziellen Werkzeugverleihern. So bleibt im Keller mehr Platz. Nachhaltig ist es auch, wenn nicht jeder Hausbewohner drei Akkuschrauber besitzt, die eh nicht gefunden werden, wenn man sie braucht. Einen Hammer, eine Wasserwaage, einen Zollstock und einen Schraubenzieher sollte aber wirklich jeder im Haus haben. Den Rest kann man sich echt sparen.

Ich möchte Mädchen und Frauen immer wieder dazu ermutigen, sich selbst das Heimwerken beizubringen. Es gibt einem eine innere Befriedigung und eine Art Freiheit. Und wenn das Werk dann fertig, ist, stärkt das Selbstbewusstsein. Ich freue mich jedes Mal so sehr, wenn ich mit etwas Selbstgebauten fertig bin. In meinem Hauptjob in einer Vertriebsabteilung sehe ich nicht viel von dem, was ich gleistet habe. Das ist beim kreativen Schaffen anders. Deshalb denke ich manchmal auch, vielleicht hätte ich gar nicht unbedingt studieren müssen."

Es gibt für alles ein Tutorial.
Kerstin Weiser

„Durch DIY kann ich aus diesem Einheitsbrei, den die Möbel- und Deko-Industrie so anbietet, aussteigen. Ich finde es so cool, dass man nachher sein Unikat in den Händen hält. Ich arbeite auch gerne nachhaltig und verwende alte Sachen wieder – aufpoliert oder zweckentfremdet. Das macht nicht nur Spaß, es ist auch umweltfreundlich und spart Geld. Ideen dazu gibt es tausende im Internet. Auch wie man was genau macht, zeigen viele Youtuber Schritt für Schritt mit einer Engelsgeduld. Es gibt glaube ich nichts, wozu es kein Tutorial gibt. Das finde ich einfach wunderbar!

Durch die Kurse und Tutorials habe ich auch ein ganz anderes Verständnis bekommen. Wenn ich nun doch mal aus irgendeinem Grund Handwerker zu Hause habe, kann ich ganz anders Fragen stellen und viel besser einschätzen, was da gerade gemacht wird."

Der Optimierungswahn geht ihr auf die Nerven

„Für den Einstieg ins Heimwerken ist es wichtig, dass man sich nicht zu viel vornimmt. Es muss nicht gleich eine ganze Küche sein, die man sich selber baut. Wie sagt man so schön? Der Dom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Ein Hocker tut es auch erst mal."

Wenn ich etwas selbst gemacht habe, dann finde ich es toll und bin stolz darauf!
Kerstin Weiser

„Und: Man muss mit dem dann auch nicht gleich in Serie gehen. Es ist egal, ob da kleine Schönheitsfehler dran sind oder nicht. Dieser Schönheit- und Optimierungswahn, der durch die Netzwerke geistert, geht mir eh auf den Zeiger. Wenn ich etwas selbst gemacht habe, sei es eine Garderobe für Hunde oder ein Garagentor, dann finde ich es toll und bin stolz darauf. Egal, was der Rest der Welt von mir denkt. Für mich bedeutet das Selbstständigkeit und ein großes Stück Freiheit."

„Aber: Eins kann ich beim Heimwerken echt nicht leiden: Wenn ein Bild schief hängt! Deshalb noch ein kleiner Tipp: Verwendet einfach etwas Malerkrepp. Klebt es am Bilderrahmen über die Löcher, zeichnet sie an und dann wird das Krepp einfach mit Hilfe der Wasserwaage gerade auf die Wand geklebt. Bohrer auf das markierte Klebeband setzen. Los geht es und alles bleibt gerade!"

Text: Jana Mareen Züger

Fotos: Patrick Essex

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