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Schreib uns!In dieser Rubrik sind wir zu Gast bei Kölnern, die uns ihre Wohnung zeigen. Diesmal besuchen wir die Künstlerin Ulla Horký in der Südstadt. Bei ihr gibt es überall etwas zu sehen – und trotzdem herrscht Ordnung.
Ulla Horký
Südstadt
An
78 m²
Kücheneck
künstlerisch-reduziert
Wir stehen vor einem wunderschönen Altbau in der Kölner Südstadt, der einst ein Kloster beherbergte. Über dem hölzernen Eingangstor thront ein Wappen mit dem Schriftzug „Sophien Convent“. Ein Türschild neben dem Klingelknopf trägt die Aufschrift „Atelier Horký“. Hier sind wir richtig! Wir klingeln, der Türöffner summt und wir treten ein. „Hallo!“ ruft Ulla Horký. „Kommen Sie hoch!“
Wir folgen ihren Worten über eine steile Treppe hinauf ins Dachgeschoss. Hier wohnt und arbeitet die Künstlerin. Zunächst stehen wir in einem großen, hohen Raum mit offenen Dachbalken und Dachschrägen, die mit Holz vertäfelt sind. Die weiß verputzten Wände sind kaum sichtbar. Fast jeder Zentimeter ist mit Kunst bestückt. Ulla Horký empfängt uns freundlich: „Willkommen in meinem Reich!“
Der Raum ist beeindruckend. Es gibt überall was zu sehen, trotzdem ist es erstaunlich aufgeräumt. „Als Künstlerin bin ich gezwungen, ständig Ordnung zu halten”, erklärt uns Ulla Horký. „Sonst hätte ich bald gar keinen Platz mehr. Ich lebe hier ja auch. Aber eigentlich nur, wenn gerade eine neue Arbeit trocknen muss.Dann esse ich was und wohne einen Augenblick, bis der Wohn- wieder zum Arbeitsraum wird.”
Das glauben wir sofort. Denn bei so viel Output ist offensichtlich, dass hier fast nur gearbeitet wird. „In manchen Phasen vergesse ich alles um mich herum. Dann ist hier alles vollgekleckert und ich schaffe es nicht einmal, mir zwischendurch einen Kaffee zu machen”, lacht die Künstlerin.
Ende der 1960er Jahre kam Ulla Horký aus dem Sauerland nach Köln, um Bildende Kunst zu studieren. 17 Jahre war sie alt, als sie als jüngste Studentin die Kölner Werkstätten anfing und später als Meisterschülerin abschloss. Seitdem lebt sie in Köln. 2008 zog sie von Ehrenfeld in die Südstadt und lebt bis heute in ihrem Atelier.
„Am Anfang war alles schön leer. Im Laufe der Jahre habe ich mich zugeschaufelt und der Keller ist auch rappelvoll.” Um Platz zu sparen, ist sie schon auf kleinformatige Bilder umgestiegen. „Eigentlich male ich gern groß, aber als Künstler muss man in der Lage sein, sich den Gegebenheiten anzupassen, sich zu verändern und umzudenken.”
Das galt auch für ihre Wohnung in der Südstadt, denn am Anfang tat sie sich schwer mit dem vielen Holz in der Wohnung. „Künstler sehnen sich immer nach weißen Wänden”, sagt sie. „Aber ich habe mich mit dem braunen Holz arrangiert. Neben dem braunen Holz dominiert eine weitere Farbe: Blau. „Das hatte ich nicht geplant”, sagt Horký. „Ich hatte auch schon eine rote Phase, aber hier war für mich nur noch Blau richtig. Rot war zu warm, zu voll geladen mit Energie.”
Wir erkunden die Wohnung weiter: Links vom Eingangsbereich liegen das Bad, das Gästezimmer und der Kleiderschrank. „Eigentlich mein begehbarer Kleiderschrank“, sagt Ulla Horký und lacht. „Aber da landet häufig alles, was mir im Weg ist. Aber für Euch habe ich extra aufgeräumt!” Ein Fadenvorhang schützt vor direkter Einsicht.
Der große Arbeitsplatz liegt direkt am Fenster. Daneben führt eine Wendeltreppe aus Metall in schwindelerregende Höhen zum Schlafgemach mit Matratze, Büchern und Fernseher. Und unter dem Giebel: Engelsflügel. „Das ist keine Kunst”, erklärt Horký. „Das ist übriggebliebene Weihnachtsdeko. Fand ich witzig!”
Zurück auf dem Boden der Tatsachen: Sie zeigt uns ihre Küchenecke. „Mein Lieblingsplatz. Ich koche gerne, meistens italienisch.” Die Künstlerin hat viel Zeit in der Toskana verbracht, war überhaupt viel auf Reisen in Sachen Kulturaustausch unterwegs. „Früher wurden Künstler häufig von interkulturellen Stiftungen eingeladen. So konnte ich viele Orte der Welt bereisen, Eindrücke und Inspirationen gewinnen und an herrlichen Plätzen arbeiten.”
Burma hat Ulla Horký besonders gefallen, auch Südamerika und Island waren ihre Reisen wert. „Ich versuche, immer ganz in die Kultur einzutauchen und bringe mir was mit, das ich in meiner Kunst verarbeite. Mal ein Stück Holz, mal ein Foto.” So sind beispielsweise ihre Arbeiten mit dem Titel „Roots” entstanden.
Ihre erste Ausstellung eröffnete Ulla Horký mit 20 Jahren. In der Zwischenzeit hat sie rund 70 Mal alleine ausgestellt und ungefähr 90 Mal gemeinsam mit anderen Künstlern. „In Köln gibt es, glaube ich, keinen Ort, an dem ich noch nicht ausgestellt habe.” Natürlich war sie mit ihrer Kunst auch schon in unserer Kulturkirche Ost.
“Meinen Einrichtungsstil würde ich als reduziert beschreiben. Ich umgebe mich am liebsten mit meiner Kunst.” Sofa, Sessel, Schrankwand – was in den meisten deutschen Wohnzimmern üblich ist, suchen wir hier vergeblich. Richtige Möbel hat sie eigentlich gar nicht: “Nur die Kommode meiner Urgroßmutter folgt mir brav durch alle Wohnungen.” Gäste sitzen bei Ulla Horky einfach auf den Stühlen. Ihren Gästen und ihr reicht das aus. Die Künstlerin fühlt sich pudelwohl in ihrem Atelier. Nur eine Kleinigkeit fehlt manchmal: ein Balkon. “Aber ich genieße es auch, rauszugehen und Leute zu treffen.” Dafür ist die Südstadt perfekt: Cafés, Klostergarten, Geschäfte, Kneipen – alles direkt vor der Haustür.
Text: Jana Mareen Züger
Fotos: Costa Belibasakis