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Schreib uns!In dieser Rubrik sind wir zu Gast bei Kölnern, die uns ihre Wohnung zeigen. Diesmal zeigt uns Familienvater Alp Aslan in Dünnwald seinen Keller mit einer riesigen Carrera-Bahn.
Alp Aslan
Dünnwald
Im Keller an
Gesamt 111 m² Keller 40 m²
Hängesessel im Garten
modern-klassisch
„Ding Dong!“ Wir stehen vor einem Einfamilienhaus in Dünnwald und warten auf Alp Aslan. Der Familienvater will uns heute seinen Keller zeigen. Alp öffnet die Tür, wir treten ein und werden durch das Haus geführt. Dann endlich gelangen wir durch eine Tür über eine enge Treppe in den Keller.
Der allererste Blick fällt auf einen grünen Champions-League-Kicker mit der Heineken-Werbung darauf. Dann fällt der Blick auf das Regal, das den Raum rennt. Dahinter sehen wir den Grund für unseren Besuch: seine Slotcarracing-Bahn. Wer mit dem Begriff Slotcarracing nichts anfangen kann: Laien sprechen in Anlehnung an den Hauptproduzenten solcher Anlagen für angetriebene Automodelle gern von einer Carrerabahn.
Sofort reicht der Gastgeber uns je einen der sechs kabellosen Handregler. Diese Controller sind denkbar übersichtlich gestaltet: Auf den Knopf drücken heißt Gas geben, Knopf loslassen heißt abbremsen. Sein Auto schießt los, wir betätigen den Buzzer zögerlich. „Ordentlich Gas geben!“, fordert Alp. Wir fragen nach Einsteigertipps und hören: „Wer am seltensten aus der Bahn fliegt, der gewinnt auch meistens. Denn in der Kurve kann man durch Beschleunigung vielleicht 1,3 Sekunden rausholen, aber wenn du rausfliegst, verlierst du sofort 30 Sekunden.” Aber so langsam zu fahren wie wir, das bringt auch nichts.
An der Bahn angeschlossen sind Laptop und Beamer. Unsere Namen hat Alp vorher schon eingetippt. Für die GAG bestreiten Markus und Costa das Rennen. Markus macht den Anfang. Gnadenlos merkt sich der angeschlossene Laptop jede unserer Rundenzeiten, der Beamer wirft sie an die Wand. Die Stimme der Software „Cockpit XP“, die sich Alp besorgt hat, sagt anfangs noch großzügig: „Markus hat einen Rückstand von null Runden auf Alp“, aber bald wird aus der Null eine Zwei. Obwohl sich jeder von uns Mühe gibt, während unser Gastgeber unverschämt entspannt den Controller führt.
Spaß macht es trotzdem. Auch wenn es eher die Männer sind, die dieses Hobby für sich entdecken. Mehrmals im Jahr lädt Alp Freunde, Kollegen und Nachbarn zu kleinen Rennabenden in den Keller ein. Dann blickt er regelmäßig in strahlende Kinderaugen von ausgewachsenen Herren. Weibliche Slotcar-Freunde bleiben bei ihm die Ausnahme, erklärt Alp uns. „Frauen denken eher: Männer halt.“
Die Anfänge von Alps Leidenschaft erinnern an die klassische Modelleisenbahn, er spricht auch gerne von seiner „Märklin 2.0“. Bei der Suche nach einem Geschenk für seinen Sohn waren sie eher zufällig auf ein Carrera-Starterpaket gestoßen. Erst stand die Bahn im Kinderzimmer, bald im Keller, stufenweise wuchs sie weiter. „Das war nie so geplant. Man fängt an und irgendwann wird’s größer.“
Aus der 90×180-Zentimeter-Grundfläche sind heute 150×370 Zentimeter geworden. Andere bauen bekannte Rennstrecken nach, Alp ging anders vor. „Ich habe mir den verfügbaren Platz angesehen und überlegt: Wie kann ich hier möglichst viel Strecke unterbringen?“ Mit Brettern und Stelzen entstand eine Bahn über zwei Etagen. So brachte er 21,4 Meter Streckenlänge auf seine 5,5 Quadratmeter. Die Konstruktionspläne fand er im Internet.
Die kleine Kinoecke mit Couch und Beamer wurde dafür geopfert. Gelegentlich lädt seine Tochter zwar noch zur Singstar-Party, aber die Bahn steht ganz klar im Mittelpunkt. Alles andere hat sie an den Rand gedrängt: die Regale mit den DVDs und Büchern, das Minitrampolin, den Crosstrainer, den Boxsack und den Kratzbaum der Familienkatze „Möhrchen“. Doch den braucht die Katze sowieso nicht wirklich. „Möhrchen kratzt eh lieber am Sofa“, erklärt Alp.
Was er über die Jahre in die Anlage investiert hat? „Wahrscheinlich so 1.500 Euro. Ohne die Autos jetzt“, schätzt er. Immer mehr Extrateile kamen hinzu, um die Strecke auszubauen. Zum Beispiel eine Tankfunktion: Nach gewisser Fahrtzeit ist der „Tank“ leer. Dann muss man mit dem Auto über einen Sensor fahren und warten. Außerdem hinzu kamen eine Startampel, ein Positionsanzeiger, ein Rundenzähler und ein Greifarm, um rausgeflogene Wagen wieder in die Spur zu setzen. „Vielleicht waren es auch 1.800 Euro.“ Eine Standardbahn verfügt über nur eine Weiche, Alps Bahn hat acht davon. Jede Standardweiche kostet 50 Euro, alleine dafür 400 Euro – war es vielleicht noch mehr Geld?
Dazu kommt dann noch der Fuhrpark. Zu seinem 46. Geburtstag hat Alp sich eine Vitrine für 30 Autos gewünscht. Darin kann er jetzt fast alle Autos unterstellen. Insgesamt sind es derzeit 34 Modelle. Die obere Reihe ist für Besucher tabu: Hier stehen die Familienfahrzeuge. Für seine Frau ein weißer Citroën, für die Tochter ein gelber Ferrari mit britischer Flagge auf dem Dach und für seinen Sohn ein gelber Post-BMW und ein schwarzer Bosch-Mercedes. Warum gerade diese Autos? Alp erklärt das so: „Meine Frau fährt den Wagen auch im wahren Leben. Meine Tochter spricht gerne Englisch und mein Sohn mag den gelben Post-BMW, weil er von der Post ist.“ Alps Lieblingsauto ist ein legendärer Ford GT, Nachfolger des klassischen GT 40 aus dem Film „Le Mans 66“ in Blau.
In der Grundausführung legt man pro Auto 50 bis 60 Euro hin. Aber Tuning ist möglich: anderer Motor, andere Reifen oder ein anderer Leitkiel, der die Wagen länger in der Spur hält. Da kann ein Auto schnell 100 Euro kosten. Standardmäßig sind die Fahrzeuge mit einem Magneten bestückt, die stabiler in der Kurve halten. Stärkere Magneten geben mehr Spursicherheit. Profis allerdings verzichten komplett auf Magneten: „Denn damit heißt es: ganz oder gar nicht. Wenn man also ein wenig zu schnell in die Kurve geht, fliegt der Wagen raus. Ohne Magnet hat man einen größeren Grenzbereich, in dem das Heck vielleicht ausbricht, aber der Wagen fliegt nicht aus der Spur. So muss man mit deutlich mehr Gefühl fahren.“
Auch auf die Reifen kommt es an. Im Original sind sie gewölbt; um für mehr Halt zu sorgen, muss man das Gummi regelmäßig abschleifen. Originalreifen von Carrera lassen sich aber nicht schleifen, daher braucht man zusätzliche Ortmannreifen. Und natürlich hat Alp sich eine Reifenschleifmaschine besorgt. Zur Demonstration schraubt er einen Wagen auseinander, nimmt die Achse raus, fettet sie ein und spannt sie in den Antriebsriemen ein. Nun dreht sich der Reifen auf Schmirgelpapier in verschiedenen Stärken. Das Schleifen dauert jeweils eine Viertelstunde. Ölt er zusätzlich das Lager und Getriebe, dauert eine Komplettwartung für ein Auto 20 bis 30 Minuten.
Man sieht: Neben Geld muss auch Zeit investiert werden. „Aber so viel ist das gar nicht“, sagt Alp. „Im Winter vielleicht drei bis vier Stunden die Woche.“ Seine Frau scheint kein Problem mit seiner Leidenschaft zu haben. „Jeder hat sein Hobby”, sagt sie. „Und jeder von uns gibt Geld dafür aus und investiert Zeit.“
Und das Hobby bietet ja noch mehr Möglichkeiten, öffentliche Rennen etwa und Börsenbesuche. Die spart Alp sich bislang, Autos und Teile besorgt er sich im Internet oder im für ihn nächsten Carreraladen in Leverkusen. „Es gibt ja nicht mehr so viele“, sagt er. Jeden Donnerstagabend werden dort freie Rennen veranstaltet. „Vielleicht geh ich da irgendwann mal hin“. Kindergeburtstage kann man dort auch feiern. Den elften seines Sohnes hat er aber im eigenen Keller ausgerichtet, an der Slotcarracing-Bahn. Davon zeugen noch Entwürfe von Urkunden, die der Familienvater selbst gestaltet hat.
Sein ganzjähriger Lieblingsplatz ist der Keller aber nicht. „Der Keller und die Bahn sind nur was für den Winter. Von April bis Anfang November bin ich viel lieber im Garten.“ Und dort sitzt er am liebsten im Hängesessel.
Text: Markus Düppengießer
Fotos: Costa Belibasakis