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Jetzt folgenIn dieser Rubrik stellen wir Dir Projekte aus den Veedeln vor. Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der Kölner GartenClubs sind wir diesmal in Bilderstöckchen unterwegs. Hier befindet sich einer der ersten GartenClubs, die die GAG Immobilien AG gemeinsam mit dem Verein Querwaldein ins Leben gerufen haben. Hier haben wir uns einmal angesehen, wie ein typischer Tag im GartenClub aussieht und was das Erfolgsgeheimnis hinter dem Projekt ist.
In dem Gartenstück, das an der Straße Am Bilderstöckchen zwischen mehreren Wohnhäusern liegt, dreht Alex Elsner, Agrarwissenschaftler und Naturpädagoge, mit Peter Samonig, Sportwissenschaftler und urbaner Naturpädagoge, eine erste Runde. Beide kommen vom Verein Querwaldein und betreuen unter anderem die GartenClubs. Gerade schauen sie nach, was sich innerhalb der letzten Woche auf dem Gelände in Bilderstöckchen getan hat und heute erledigt werden könnte. „Möhren ziehen könnten wir heute auf jeden Fall, da gibt es ein paar schöne Exemplare“, schlägt Peter vor. Außerdem plant er ein handwerkliches Projekt: „Der Tisch fällt schon auseinander. Da schrauben wir eine neue Arbeitsplatte auf – das wird etwas für die Älteren.“
Im GartenClub ist das Programm flexibel und unkompliziert. Kinder aus dem Quartier können einfach mitmachen, anmelden müssen sie sich nicht. „Man weiß nie genau, wie viele kommen“, sagt Alex. Durch diese Offenheit sind die GartenClubs ein besonders niederschwelliges Angebot. Gärtnern, miteinander Spaß im Grünen zu haben oder einfach die Natur erkunden: Das alles ist hier willkommen. „Sehr besonders sind für mich Momente, in denen die Kinder etwas, das neu entstanden ist, entdecken, bevor ich es überhaupt gesehen habe“, sagt Alex: „Kinder, die hier mitmachen, bekommen einen Bezug zur Natur.“ Jede Woche gibt es ein Angebot. Ist es draußen zu kalt oder zu nass, wird im Bauwagen gebastelt – vorzugsweise mit Materialien aus der Natur. An den Wänden des Wagens hängen zum Beispiel kleine Bilder aus getrockneten Blättern.
Inzwischen sind draußen die ersten Kinder eingetroffen. Luca und Mahir staunen, als sie sehen, dass in der Sitzecke die Tischplatte durchgebrochen ist – und auch der dicke Baumstamm, auf dem sie lag. „Hey, was ist denn da passiert?“, wollen sie wissen. Sie erfahren, dass auf den morschen Baumstamm eine neue Platte aufgeschraubt werden soll.
„Warum tun wir den alten Tisch nicht ganz weg, wenn er kaputt ist?“, fragt Luca skeptisch mit Blick auf das zerfaserte Holz des Baumstamms. Alex erklärt: „Da wohnen vielleicht noch Tiere drin.“ Beeindruckt nicken die Jungs. Ein längst gefällter Baum bietet zum Beispiel Ameisen, Käfern und anderen Insekten Unterschlupf: Solche Phänomene können Kinder im GartenClub hautnah beobachten, statt nur im Klassenzimmer etwas darüber zu lernen.
„Ich komme schon seit Jahren hierher, aber nicht durchgehend. Es macht mir Spaß, dass es hier immer etwas Neues gibt. Gut finde ich auch, dass man sieht, was man Schönes machen kann in der Natur. Manchmal bekommen wir Aufgaben, oder wir basteln etwas“, sagt der neunjährige Luca. Schöne Basteleien aus der Natur: Das sind an diesem Tag kleine Kräuter-Beutelchen. Peter hat eines mitgebracht, das schon fertig ist. Nun dürfen die Kinder eigene machen. So können sie anschließend ein bisschen GartenClub-Duft mit nach Hause nehmen oder verschenken – und lernen ganz nebenbei die vielen Aromen von Pflanzen, Blüten und Kräutern kennen.
„In meinem Kräuterbeutel ist Dill – für gute Träume“, verrät Erlebnispädagoge Peter. „Oh, Dill? Ich mag gerne Dillsoße“, schwärmt sofort ein Junge, der allerdings kurz danach den GartenClub vorzeitig verlässt: Er hat Freunde entdeckt, die draußen Fußball spielen. Kommen und gehen wie man will, das ist im GartenClub absolut in Ordnung.
Den anderen erklärt Peter, wie es jetzt weitergeht: mit einem Pappteller als Schablone aus einem Stück Stoff einen Kreis ausschneiden. Dann duftende Kräuter im Garten sammeln und darauflegen. Eine Woche lang müssen sie im Bauwagen liegen und trocknen, dann kann man sie in der Mitte des Stoffkreises zusammenschieben, dessen Ränder hochziehen und das Päckchen so mit einer Schnur umwickeln und verknoten, dass die Kräuter nicht mehr herausfallen können. Gartenduft für die Hosentasche, sozusagen.
Sofort machen sich die ersten Kinder auf den Weg. Mahir schnuppert am Löwenzahn – und empört sich umgehend: „Der riecht gar nicht, nur nach Blättern!“ Die Blüte bleibt stehen. Weiter geht die Suche. „Ihr könnt was vom Borretsch nehmen“, empfiehlt Peter mit Blick auf eine der Gewürzpflanzen, das Gurkenkraut. „Börek?“, fragt der kleine Mahir hoffnungsvoll. Kurzes, gutmütiges Gelächter, dann: „Nein, nicht Börek, sondern Borretsch!“
Emelie, die zehn Jahre alt ist und „schon sehr lange“ kommt, wie sie erzählt, hat einen anderen Plan: Sie durchstreift, ausgerüstet mit einem kleinen Plastikbecher, die Himbeersträucher und Brombeerranken, denn da ist schon einiges reif. Sobald der Becher voll ist, leert sie in einem Sieb aus, um die Beeren später abspülen und mit den anderen Kindern essen zu können. „Ich habe hier schon richtig oft geerntet“, erzählt sie: „Früher hatten wir hier auch Kartoffeln, und richtig viele Brombeeren und Erdbeeren.“ Immerhin, ungefähr ein halbes Pfund kommt auch heute zusammen – genug, damit alle Kinder etwas davon haben.
Zwischendurch läuft sie ein paar Mal auf den benachbarten Spielplatz. Dort sitzt mit anderen Müttern ihre Mutter und bewundert die Ernte, die Emelie ihr unter die Nase hält, bevor sie ihr Suchen und Pflücken fortsetzt. Dabei erzählt sie von früheren Erfahrungen. „Einmal haben wir auch Brennnessel-Chips gemacht. Die haben wir gebraten oder so.“ Alex nickt: „Genau. In Öl gebraten, mit Salz und Pfeffer, schmeckt ja fast alles. Ich habe die Kinder vorher damit aufgezogen, dass Brennnessel-Chips beim Essen piksen würden. Aber das stimmt nicht.“
Jetzt erklingt von der Sitzecke her das durchdringende Summen eines Akkuschraubers. Luca hält ihn fest gepackt und gibt sein Bestes, unter Peters Anleitung die alten Schrauben aus dem Baumstamm zu holen, mit denen die vorige Tischplatte befestigt war. Gelegentlich rutscht er ab, lässt sich aber nicht entmutigen.
Als er es schließlich geschafft hat, gesellt er sich zu Emelie und der neu eingetroffenen Maxime. Zu dritt ziehen sie Möhren aus der Erde, spülen sie mit dem Wasserstrahl des Gartenschlauchs sauber – und landen schließlich kichernd in der schönsten Wasserschlacht.
„Ich komme nicht so sehr oft, aber mir macht Spaß, was wir hier machen“, meint Maxime: „Einmal haben wir aus Kastanien und Eicheln Anhänger für Schlüssel gebastelt. Das war am besten!“ Jetzt möchte sie noch ein wenig helfen und wendet sich Peter zu. Der ist noch immer mit dem morschen Baumstamm zugange, der inzwischen auseinandergebrochen ist. „Damit werden wir heute nicht fertig“, stellt er fest. Ein großer Teil des Holzes liegt zerfasert auf dem Boden.
Maxime, unbeeindruckt von ihrer nassen Kleidung, greift zur Schaufel und hebt Holzfasern in die Schubkarre. Emelie und Luca unterstützen Alex, der einen anderen Teil des Gartens aufräumt. In der nächsten Woche geht es weiter. Für den Tisch ist es dann noch immer früh genug.
Text: Johanna Tüntsch