Leben und Wohnen im Kölner Veedel Porz
Foto: Thilo Schmülgen

Porz. Bereit für den Hype.

Junge Menschen in Porz haben keine Lust mehr, der verlorenen Unabhängigkeit nachzutrauern. Sie wollen, dass was passiert. Und dafür tun sie auch was.

Köln-Porz im Porträt

„Ich bring‘ Porz auf die Karte, Porz-Fünf-Eins! Ich bring uns auf die Karte, ich hol‘ uns unseren Hype, Digga!“ Genau so, „HYPE“ nämlich, heißt eine Webserie mit dem Rapper Safo in der Hauptrolle, die der Westdeutsche Rundfunk kürzlich für ein junges Publikum in den YouTube-Channel von Radio Cosmo geladen hat. Das HipHop-Musical spielt in und um Porz, und auch die meisten Protagonisten stammen von dort, aus den zahlreichen trostlosen Wohnblöcken, von denen im Südosten Kölns vergleichsweise viele in den Himmel ragen.

Vielleicht ist Safo, der in der Geschichte mit den spezifischen Tücken des Erwachsenwerdens in einem sozialen Brennpunkt kämpft, ja der Vorbote einer glänzenden Zukunft. Denn Porz ist schon viel zu lange ein übersehener Teil der rechtsrheinischen Landkarte. Porz-City, so sehen es viele Einheimische, wurde von der Kölner Verwaltung seit der Eingemeindung 1975 konsequent heruntergewirtschaftet. Als Beleg dient ein Spaziergang durch die überwiegend mit Billig-Shops bestückte Fußgängerzone rund um das bemerkenswert hässliche Einkaufszentrum. Vielleicht vermögen die neuen Bauten, die derzeit am einstigen „Hertie“-Standort entstehen, diesen Eindruck zu verbessern.

Denn eigentlich ist Porz beste Lage: die Rhein-Promenade, über deren Gestaltung derzeit wieder diskutiert wird, in unmittelbarer Nähe, die Verkehrsanbindung gut, die Versorgung mit Kitas, Schulen und Arztpraxen familien- und seniorengerecht. Dennoch verrät eine Mutter dreier Kinder, die uns ihren Namen nicht preisgeben will: „Wir wohnen nur hier, weil die Häuser noch einigermaßen bezahlbar waren.“

Helmut Urbach

„Seit der Eingemeindung ist hier kaum was gemacht worden“

Für Helmut Urbach, Porzer seit 1965 und einer der erfolgreichsten Langstreckenläufer Deutschlands, ist die Sache klar: „Seit der Eingemeindung ist hier kaum was gemacht worden. Und wenn, dann zum Nachteil“, sagt der 80-Jährige. Ein Beispiel? „Damals gab’s drei Schwimmbäder in Porz. Alle weg.“

Von hier oben sieht natürlich alles super aus. Aber unten: lauter Baustellen.
Helmut Urbach

Vor seinem Küchenfenster im 12. Stock schmiegt sich das Veedel an den Weißer Rheinbogen, weit hinten flirrt der Dom im sommerlichen Dunst über der Stadt. „Von hier oben sieht natürlich alles super aus. Aber unten: lauter Baustellen. Nichts ist koordiniert, alles dauert viel zu lange.“

In Urbachs Leben ging es immer um Tempo: als Dreher an der Werkbank, als Läufer sowieso, und auch als Hausmeister des Wohnblocks, aus dem er auf sein Veedel blickt. Noch heute läuft er täglich fünf bis sechs Kilometer durch den Forst am Gut Leidenhausen, wo er gerade den 32. Sommerlauf des LSV Porz organisiert hat. In den 1960er Jahren errang Urbach, der seinen Sport nie professionell betrieb, den Weltrekord über die 100-Kilometer-Distanz. Zu solchen Leistungen gehört eiserne Disziplin. Genau die vermisst er bei der Kölner Verwaltung: „Die schlafen doch den ganzen Tag.“

Tanja Schmieder

„Es gibt hier einen großen Zusammenhalt“

Zum Schlafen hat Tanja Schmieder wenig Zeit. Seit 2015 widmet sich die ehemalige Key-Account-Managerin (Süßwaren, Versicherungen, Filmlizenzen) mit ihrem im Gemeinschaftszentrum Glashütte ansässigen Verein cityofhope cologne der Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen.

Los ging es mit den syrischen Flüchtlingen am Köln-Bonner Flughafen, zwischendurch organisierte der Verein das Impfprojekt „Gemeinsam für Porz gegen Corona“, dann war die Ukraine das Thema. „Wir haben Kranke eingeflogen, die dort wegen des Kriegs keine Chance haben.“ Cityofhope brachte sie in einem Hotel unter und sorgte für umfassende medizinische Betreuung.

Wir haben hier ein richtig gut funktionierendes Netzwerk aufgebaut.
Tanja Schmieder

„Wir haben hier ein richtig gut funktionierendes Netzwerk aufgebaut“, sagt Schmieder. Sie sagt aber auch: „Sowas funktioniert immer nur im Kleinen. Hier sind die Wege zu den Verantwortlichen im Bezirksamt kurz. Für die ganze Stadt ließe sich das so nicht organisieren.“

Schmieder liebt es, von ihrer Wohnung in Wahn nach Porz-Mitte oder Köln zu radeln: „Der Weg den Rhein entlang – wunderschön!“ Dass der Stadtteil nicht den besten Ruf genieße, „das spielt für mich keine Rolle. Es gibt hier einen großen Zusammenhalt. Wenn du den nutzt, hast du alle Chancen“.

Freddy Braun

„Porz ist generell total unterbewertet“

Ein paar Meter weiter sitzt Freddy Braun im Wirtshaus Knott und genießt die Aussicht auf den großen Strom. Initiativen wie die von Tanja Schmieder sieht der Moderator und Trauredner als Beleg dafür, dass immer mehr Porzer „Bock haben, was Neues zu machen“. Die Alteingesessenen, die sich nie mit der Eingemeindung abgefunden hätten, träten langsam zurück. „Unsere Generation kennt Porz nur noch als Teil von Köln. Und wir wollen, dass hier eine Energie entsteht, die das hier ein bisschen mehr belebt.“

Bock haben, was Neues zu machen.
Freddy Braun

Damit meint Braun, gebürtiger Porzer und Prinz von 2019, keineswegs nur die Karnevalskultur. „Porz ist generell total unterbewertet. Wir sind größer als Leverkusen und haben mit die schönsten Rheinorte von Köln.“

Initiativen wie die „Porzer Rheinromantik“ und den „Porzer Rheinachtsmarkt“ gehen in seinen Augen in die richtige Richtung, genau wie die Idee eines KVB-Schnellboottaxis nach Köln-City: „Ich wäre Kunde!“ Fehlt nur noch die Politik: „Es wäre super, wenn sie hier ein paar junge Leute für Social Media holen würden, die das Image von Porz polieren.“ Wie das geht, hat „HYPE“ gerade vorgemacht.

Text: Sebastian Züger I Juni 2022

Stadtbezirk und Lage in Köln

Der rechtsrheinische Stadtbezirk Porz ist flächenmäßig der größte der Stadt Köln und umfasst insgesamt 16 Stadtteile. Bis 1975 war Köln-Porz eine eigene Stadt und gehörte dem Rheinisch-Bergischen Kreis an. Porz wird westlich durch den Rhein mit seinen früheren Fischerdörfern begrenzt und im Osten durch die weitläufigen Grünflächen der Wahner Heide. Im Norden schließen die Stadtbezirke Kalk und Deutz an, nordöstlich befindet sich der Königsforst, im Süden liegt Troisdorf. Der Köln Bonn Airport im Süden des Stadtbezirks ist ein wichtiger Baustein für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region.

Porz verfügt über zahlreiche Sportvereine und durch die Lage zu Rhein und Grünflächen über ein reichhaltiges Freizeitangebot für Jung und Alt. Es gibt einen Wassersportclub, eine Minigolfanlage, mehrere Fitnessstudios, Tanzschulen und Fitnessparcours. Ergänzt durch das Kombibad Zündorf und das Wahner Hallenbad bleiben für Sportbegeisterte kaum Wünsche offen.

Neben Gewerbegebieten zeichnen ländliche Bereiche und weitläufige Wälder den Stadtbezirk aus. Besonders die rheinnahen Stadtteile wie Poll, Ensen, Zündorf und Langel mit ihren vielen Grünflächen, Kleingärten und Stränden sind als Erholungsziel und Wohnlage sehr beliebt. Dazu gehören die Freizeitinsel Groov auf einem alten Rheinarm in Zündorf mit kleinem Fähranleger oder die Poller Wiesen mit ihren begehrten Open-Air-Musikfestivals. Auch die weitläufigen Naherholungsgebiete um die östlich gelegenen Stadtteile Wahn, Eil, Grengel und Lind laden zu Ausflügen ein. Ein Geheimtipp ist das kultige Auto-Kino in Porz-Eil. Das Gut Leidenhausen mit seinem Heideportal, Waldmuseum, einer Greifvogelstation sowie einer Pferderennbahn ist ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen oder Fahrradtouren durch die Wahner Heide oder den Königsforst.

Geschäfte des täglichen Bedarfs befinden sich vor allem in den jeweiligen Ortszentren. Dort sind Supermärkte, Fachgeschäfte, Banken, Apotheken, Ärzte, Restaurants und Hotels zahlreich vorhanden. In der Porzer Innenstadt gibt es in der Nähe des Busbahnhofs zudem ein Einkaufszentrum. Mehrere Wochenmärkte in Porz-Mitte, Urbach und Poll bieten zu unterschiedlichen Zeiten Menschen aus der gesamten Umgebung frische Waren an.

Im gesamten Porzer Stadtbezirk gibt es drei Grundschulen, eine Realschule, eine Gesamtschule, ein Gymnasium, eine Förderschule sowie ein Berufskolleg. In jedem der Porzer Stadtteile sind mehrere Kitas vorhanden. In Ensen befindet sich das Krankenhaus Porz am Rhein.

Über die Bahnhöfe Frankfurter Straße oder Porz ist der Bezirk sehr gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Die S-Bahnlinien S12 und S19, der Regionalexpress 6, 8, 9 sowie die Regionalbahnen 25und 27 schließen Porz an überregionale Ziele wie Troisdorf, Siegen oder Gummersbach an. In wenigen Minuten Fahrzeit ist der Flughafen Köln-Bonn mit einem ICE-Bahnhof erlangt. Die Kölner Innenstadt und Deutz sind in wenigen Fahrminuten erreicht. Wer von dort aus gerne etwas gemütlicher in Richtung Süden unterwegs sein möchte, fährt mit der Straßenbahn 7 bis nach Zündorf. Außerdem verfügt das gesamte Porzer Gebiet über ein engmaschiges Busliniennetz, das auch die umliegenden Stadtteile erreicht. Köln-Porz ist mit seinen Autobahnanbindungen an die A59 in Richtung Köln-Zentrum und Bonn, mit dem Anschluss an die A3 in Richtung Düsseldorf/Frankfurt sowie durch die Nähe zur A4 in Richtung Aachen/ Olpe sehr verkehrsgünstig gelegen.