In den Regalen der Bäckerei liegen verschiedene Brote von prôt im Belgischen Viertel in Köln
Foto: Thilo Schmülgen

prôt – handgemachtes Brot mit Charakter

In dieser Rubrik findest Du Gastro-Tipps aus Deinem Veedel. Diesmal haben wir die Backstube prôt im Belgischen Viertel besucht. Warum immer mehr Kölner das Brot von dort lieben und was es so besonders macht, hat uns Bäckermeister Alex Onasch erklärt.

Adresse

Lütticher Str. 6, 50674 Köln-Neustadt-Nord

Öffnungszeiten

Di–Fr 10:00–18:30 Uhr, Sa 10:00–14:00 Uhr

Besonderheit

Traditionell gebackenes Brot, dessen Teig bis zu 48 Stunden lang gereift ist

Weitere Informationen

Mehr Infos findest Du auf der Website von prôt, auf Instagram oder Facebook

 

Vor dem Haus lässt es sich schon erschnuppern: Hier wird gebacken. In der Luft liegt der aromatische, kräftige Duft von frischem Brot. Das ist auch kein Wunder, schließlich macht eine Backstube den größten Teil des Ladenlokals in der Lütticher Straße 6 aus. Hinter dem bodentiefen Schaufenster sind Säcke mit Mehl aus Weizen, Roggen und Dinkel aufgeschichtet. Darüber ist der Blick frei ins Innere des Raumes.

Eine Glasscheibe trennt den Verkaufsbereich von der Backstube. In der gläsernen Bäckerei werden Teiglinge von Alex Onasch und seinen Mitarbeitern vorbereitet, um die Kunden von dienstags bis samstags mit frischem Brot zu versorgen.

„Ich mag es, Brot zu backen, weil es das Gebäck ist, dem man am besten eine eigene Handschrift geben kann. Brot hat Charakter“, sagt der Bäckermeister Alex Onasch. Seine Begeisterung fürs Bäckerhandwerk zeichnete sich schon früh ab, verrät er: „Alle Schulpraktika habe ich in diesem Bereich gemacht. Die Lehrer sind ein bisschen an mir verzweifelt, aber ich war da ziemlich stur. Ich mag die ehrliche, handwerkliche Arbeit des Backens, und es ist schön, wenn die Kunden sich über gutes Brot freuen.“

Die meisten seiner Kunden kennt er mit Namen. Was er ihnen zu bieten hat? „Typisch für unser Brot ist ein vollmundiges Aroma. Außerdem haben sie eine richtig fette Kruste, deswegen bleiben sie lange frisch“, beschreibt er stolz. Die meisten seiner Brote haben ein Gewicht von 500 Gramm. Sie brauchen 45 Minuten im Ofen, bis sie fertig sind. Nur die Roggenbrote backen eine Stunde lang, denn sie wiegen 750 Gramm. „Roggen ist von Natur aus fester. Würde man das Roggenbrot auch in einer 500-Gramm-Größe backen, hätte es zu viel Kruste“, erklärt er den Größenunterschied.

„Kein Chichi und kein Buhei“ – lange Gärzeiten sind das Geheimnis

Alex hat seine Bäckerei prôt getauft. Der Name spielt auf die traditionelle Fertigung an: „prôt ist das althochdeutsche Wort für Brot“, verrät er. Um seinen Kunden ein Brot nach seinem Geschmack anbieten zu können, hat Alex sich auf ein altes Geheimnis seiner Zunft besonnen: die langen Ruhephasen für den Teig. Alle Teige aus der Backstube von prôt ruhen 48 Stunden lang im Kühlraum. „Das braucht Platz und Energie. Deswegen verzichten viele Bäcker auf diesen Aufwand“, erklärt Alex: „Aber gerade durch die Ruhephase entwickeln die Brote ihr besonderes Aroma, weil bestimmte enzymatische Prozesse in Gang gesetzt werden.“

    Der Vorteig wird von Hand angesetzt, dann wandert er erst einmal für 24 Stunden in den Kühlraum. Am nächsten Tag wird er in zwei Teigmaschinen verarbeitet, deren gigantisch große Bottiche an Waschzuber erinnern. In jedem von ihnen rotiert ein überdimensionaler Knethaken. Hat er die gewünschte Konsistenz, kneten Alex und seine Kollegen ihn noch einmal von Hand nach und verteilen ihn auf die Gärkörbe, mit denen das Brot in die Form gebracht wird. Auf großen Blechen werden die Gärkörbchen dann noch einmal 24 Stunden lang gekühlt. Erst danach wird der Teig aus seiner Form gestürzt und bei 270 Grad Celsius auf Tuffstein aus der Eifel gebacken.

    Der Ofen steht an der Wand, die dem Eingang gegenüberliegt. Er reicht bis unter die Decke und hat vier Klappen, hinter denen auf Stein die Brote gebacken werden. Sind sie fertig, wandern sie direkt auf die hölzernen Bretter der Auskühlwagen. Im kleinen Verkaufsbereich auf der linken Seite des Ladenlokals herrscht dann Betriebsamkeit: Bis auf die Straße hinaus stehen Kunden und warten geduldig darauf, ihre Bestellung aufgeben zu können.

    Mit ihrer Arbeit beginnen Alex Onasch und die zwei Bäcker, die für ihn arbeiten, morgens – aber nicht, wie es früher der Tradition seines Handwerks entsprach, mitten in der Nacht. „Morgens um 9 Uhr ist hier im Viertel sowieso noch nicht viel los“, hat er festgestellt. Er mag die entspannte Art der Kölner, insbesondere in seinem Veedel: „Die Leute hier sind locker, witzig und unkompliziert.“

    Und wenn das Belgische Viertel aufwacht, warten Alex und sein Team schon mit neun unterschiedlichen Sorten Brot auf ihre Kundschaft. Hier findest Du einen Einblick ins Sortiment:

    • Weizenprôt (Weizenmehl und Hartweizengrieß)
    • Roggenprôt (Roggenmehl und Roggenvollkornmehl)
    • Hausprôt (Weizenmehl, Roggenmehl, Roggenvollkornmehl)
    • Dinkelprôt (Dinkelmehl und Dinkelflocken)
    • Saatenprôt (Dinkelmehl, Dinkelflocken, Leinsamen, Sonnenblumenkerne, Sesam und Kürbiskerne)
    • Baguette (Weizenmehl und Hartweizengrieß)
    • Walnussprôt (Schweizer Weizenruchmehl, Weizenmehl, Dinkelmehl, Cranberries, Walnüsse)
    • Fr + Sa: Vollkornprôt (Roggenschrot, Roggenvollkornmehl und Dinkelflocken)

    Ein zusätzliches Extra ist aktuell das Bierprôt aus Schweizer Weizenruchmehl und Gaffel Wiess, gewürzt mit Senfkörnern, das Alex Onasch für die Brauerei Gaffel entwickelt hat. Ein größeres Sortiment schwebt ihm nicht vor: „Ich möchte kein Chichi und kein Buhei. Brot ist nicht erklärungsbedürftig. Mit richtig gutem Brot kann jeder etwas anfangen.“

    Um sicher zu sein, dass das Lieblingsprôt beim Besuch noch vorrätig ist, kann man dies jederzeit auch über die Website vorbestellen. 

    Die Geschichte hinter der Bäckerei prôt

    Schon als Kind hat Alex Onasch mit seiner Oma Annelore gebacken. Damals ging es allerdings nicht um Brot, sondern um Apfelkuchen. Inspiriert hat ihn das trotzdem. Seine Ausbildung zum Bäcker hat der Oberberger nach der Schulzeit in Wiehl gemacht. Später war er für HEUFT, den größten Backofenbauer der Welt, tätig und betreute auch internationale Bäckereien. „Da habe ich gesehen, was mir gefallen hat und was nicht. So entstand die Idee, eine eigene Bäckerei aufzumachen“, berichtet er. 2019 hatte er das richtige Ladenlokal gefunden: Seitdem ist prôt eine Institution im Belgischen Viertel. Das Klischee, dass Bäcker sehr früh aufstehen müssen und immer viel Arbeit haben, schockte ihn nicht weiter: „Meine Eltern kommen aus der Landwirtschaft. Durch sie habe ich ein anderes Verhältnis zu Arbeitszeiten.“

    Text: Johanna Tüntsch