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Schreib uns!In dieser Rubrik gehen wir zusammen auf Entdeckungstour durch Köln. Im Planetarium Nippes nehmen wir an einer Führung teil und bewundern den Sternenhimmel.
Blücherstraße 15-17, 50733 Köln
Tickets 4 €, ermäßigt 2,50 €
Den Sternen ganz nah sein
Tickets lassen sich online reservieren. Mit etwas Glück gibt es auch noch welche an der Abendkasse
Weißt Du wieviel Sternlein stehen? Nein? Dann befindest Du Dich in bester Gesellschaft. Denn selbst die renommiertesten Astronomen können nur raten: Rund 9.000 Sterne seien von der Erde aus mit bloßem Auge zu erkennen. Das entspricht im Vergleich zur Unendlichkeit des Alls allerdings nicht einmal dem Zacken einer Briefmarke im Mariannengraben. Allein unsere Galaxie sollen rund 300 Milliarden Sterne bevölkern, dazu kommen weitere hunderte Milliarden Galaxien, die wiederum aus Milliarden und Abermilliarden von Sternen bestehen.
Wer diese unfassbaren Ausmaße zumindest im Ansatz begreifen möchte, fängt am besten ganz klein an: mit einem Besuch im Planetarium. Das in Köln-Nippes übersehen selbst eingefleischte Nippeser leicht, so unscheinbar ist der Nebeneingang am Leonardo-da-Vinci-Gymnasium an der Blücherstraße / Ecke Bülowstraße, der in einen ehemaligen Luftschutzkeller führt.
Angenehm welker Museumsgeruch umweht unsere Nasen, als wir die breiten Stufen hinabsteigen. An der Decke schweben die Planeten unseres Sonnensystems. Bis weit unter das Schulgebäude ziehen sich die Gewölbe, jeder Quadratzentimeter genutzt für astronomische Wandgemälde, lehrreiche Ausstellungsstücke und vorsintflutlich anmutende, aber voll funktionstüchtige Computerterminals.
Jana Ruster nimmt uns an die Hand. 2013 hat sie im Planetarium ihren Ehemann Tim kennengelernt, schon als Schüler Teil des Teams. Man darf also sagen: Die gemeinsame Liebe zu den Sternen hat die beiden zusammengebracht. Ihre Spezialität: Führungen. Immer samstags lotsen sie und ihre Kollegen bis zur vier Gruppen gleichzeitig mit je rund 30 Besuchern durch die Bogengänge. Jana veranschaulicht mit ansteckender Begeisterung die Gestirne über Nippes, Schwarze Löcher und intergalaktische Zusammenhänge – überraschende Erkenntnisse inklusive: „Unsere Sonne ist zu klein für eine Supernova.“ Echt? Blöd. Aber eigentlich auch egal, sagt Jana: „Es sind noch rund fünf Milliarden Jahre bis dahin.“
Die größten Schätze der Nippeser Sternengucker finden sich ganz unten im Gebäude – und ganz oben auf dem Dach. Die Kostbarkeit im Keller hört auf den Namen ZKP-1 und sieht einem Kampfroboter aus einem Hollywood-Schocker nicht unähnlich. Tatsächlich aber ist die Apparatur alles andere als Science-Fiction, sondern ein in die Jahre gekommener, aber weiterhin höchst nützlicher mechanischer Projektor der Firma Zeiss. Mit seinen 31 Einzelprojektoren vermag er wahlweise den nördlichen und südlichen Sternenhimmel aufs Deckenrund zu zaubern.
Mit großer Routine bedient Jana die Apparatur, zeigt die Tierkreiszeichen, den Polarstern und den Himmelsäquator. Die Erde, erzählt sie, sei in einem eher peripheren Teil der Milchstraße zu Hause. Von dort könne man, wenn man die Augen fest zusammenkneift, bis hinüber zur Andromeda-Galaxie blicken. Die liege nur 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt, in der interstellaren Nachbarschaft sozusagen. „Dimensionen sind das ...“, staunt Jana sicherlich nicht zum ersten Mal. „Man versucht immer wieder, das irgendwie zu begreifen, aber das übersteigt einfach das menschliche Vorstellungsvermögen.“
Vielleicht stützt ja ein Besuch auf der Kuppel die Imaginationskraft, Mitte der 1960er Jahre aus jeder Menge Holzresten von einer Gruppe begeisterter Hobby-Astronomen erbaut. Herrmann Gundermann war damals schon dabei, sein Vater hat das Planetarium Nippes mitbegründet. Heute ist der Sohn selbst Studiendirektor a. D., aber die Faszination des Firmaments hat ihn niemals losgelassen. „Ich habe von 1962 bis 2002 immer Astronomiekurse gegeben“, erzählt er. Nun registriert er mit Wohlwollen, dass der Nachwuchs wieder verstärkt Interesse für Sternenkunde zeigt.
Drei Fernrohre finden sich hier oben: ein Linsen-, ein Spiegel- und ein Sonnenteleskop. „Damit kann man die Krater auf dem Mond sehen“, sagt Jana. „Schwer beeindruckend.“ Auch eine klassische Schmidtkamera harrt ihrer Benutzung. Leider ist sie außer Betrieb. Eigentlich lassen sich damit große Himmelsabschnitte fotografieren, aber in Köln gibt es wie in vielen Großstädten ein Problem, das Sternenfotografie fast unmöglich macht: „Die Lichtverschmutzung ist zu hoch“, schimpft Gundermann. „Das ist in den vergangenen Jahren immer schlimmer geworden.“ Abhilfe sollen bald digitale Bildsensoren bringen, die das Licht besser auffangen und filtern können als ihre analogen Vorgänger.
Solche Anschaffungen kosten Geld, das durch Spenden, städtische Zuschüsse und Eintrittsgelder erwirtschaftet werden muss. Wer in den unergründlichen Weiten seines Portemonnaies also noch Bares findet, kann dies im Planetarium Nippes sinnvoll anlegen.
Text: Sebastian Züger