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Schreib uns!In dieser Rubrik gehen wir zusammen auf Entdeckungstour durch Köln. Diesmal zeigen wir Dir Köln von unten und besichtigen das Kölner Festungsmuseum im Veedel Marienburg.
Militärringstraße / Ecke Konrad-Adenauer-Straße
Teilnahme an Führungen kostenlos, Spenden werden erbeten
Kölner Festungsanlagen aus dem 19. Jahrhundert
Auf der Website kannst Du Dich für Führungen anmelden
Es verbirgt sich im Grün des Militärrings, kurz bevor dieser auf das Rheinufer trifft: das Kölner Festungsmuseum. Wobei der Name ein wenig in die Irre führt, gibt Robert Schwienbacher zu. Als Vorsitzender des Vereins Kölner Festungsmuseum e.V. nimmt er uns mit auf eine Führung. „Eigentlich ist es eher eine Museumsfestung als ein Festungsmuseum“, erklärt er. Was bedeutet, dass die Sammlung an Exponaten zur Festungsgeschichte der Stadt zwar überschaubar, dafür aber eine authentische Zeitreise möglich ist. Aber der Reihe nach.
„Nach den Napoleonischen Kriegen wurde Köln den Preußen zugesprochen. Deshalb kamen sie 1815 nach Köln. Dort angekommen fanden sie die mittelalterliche Stadtmauer in einem desolaten Zustand vor. Da die Preußen sich dem ständigen Risiko eines erneuten Angriffs durch die Franzosen ausgesetzt sahen, machten sie sich gleich daran, den inneren Festungsgürtel wieder instand zu setzen“, berichtet Schwienbacher.
Nachdem die Preußen um den Stadtkern herum zwölf Forts errichtet hatten, fanden sie auch das zum Schutz nicht mehr ausreichend, denn die Stadt war gewachsen. So entstand der äußere Festungsgürtel, dessen Verlauf im Linksrheinischen heute noch den Straßennamen markiert: Militärring. Hier gab es zunächst erneut zwölf große Forts, denen etwas später die kleineren, in ihrer Art aber ähnlichen, „Zwischenwerke“ zur Seite gestellt wurden. Das Festungsmuseum war das Zwischenwerk VIII b.
Und hier stehen wir nun. Schwienbacher öffnet die schweren Schlösser der eisernen Tür, hinter der sich der Eingang verbirgt. Schwer schwingen die Flügel auf, die in Anlehnung an das Stadtmuseum mit einem rautenförmigen Muster in cremeweiß und rot bemalt sind. Wir treten ein.
Drinnen ist es dunkel und kalt. In die unterirdischen Gänge geht es über einige Holzbalken, die wie ein ganz normaler Boden aussehen, aber Teil einer Besonderheit sind: „Das ist die letzte erhaltene Festungszugbrücke ihrer Art in Deutschland“, so Schwienbacher. Ausgetauscht wurde nur das Holz. Die Originalbalken lehnen ein bisschen weiter in einem der früheren Wohn- und Schlafräume für Soldaten an der Wand. Aber das Eisen, die Gewichte zum Absenken der Zugbrücke und auch die drei Meter tiefe Grube darunter sind noch im ursprünglichen Zustand erhalten.
„Es wird gerne darüber spekuliert, ob Festungen geheime Zugänge hatten. Hatten sie aber nicht“, versichert der Geschichtsexperte: „Es gab nur diesen Zugang, der dreifach gesichert war.“ Das erste Hindernis für ungewollte Eindringlinge war ein Gitter – an der Stelle, an der heute die freundlich bemalten Eisenflügel der Eingangstür sind. Im Gegensatz zu ihnen hatte ein Gitter nämlich aus militärischer Sicht den Vorteil, dass man außerhalb stehende Eindringlinge sehen und durch gezielte Schüsse aus einer der Schießscharten erledigen konnte.
Das zweite Hindernis war die Zugbrücke samt Graben, an die sich ein Eisenvolltor im Inneren des Eingangsbereiches anschloss. Doch wer das Tor durchqueren wollte, musste zunächst noch das dritte Hindernis überwinden: Vor dem Tor stand noch ein Eisenzaun von 2,50 m Höhe, dessen zugespitzte, nach innen gebogene Streben Kletterer geradewegs in den Graben lenken sollten. Und der war nicht etwa mit Wasser gefüllt, sondern wesentlich martialischer: Im Meterabstand stellten darin die Preußen eiserne Hindernispfähle auf, die nach oben hin mehrfach scharf gezackt und mit Stacheldraht gesäumt waren.
Neben den Wohn- und Schlafräumen kannst Du im Festungsmuseum auch die Wache erkunden. Eingerichtet sind die Räume heute nicht mehr. Auch der kleinen „Kanonenofen“ ist nicht der, der wirklich dort stand – wohl aber ein Original aus der Zeit, das die Mitglieder des Vereins ersteigert haben. Er veranschaulicht heutigen Besuchern, dass Komfort hier überhaupt nicht groß geschrieben wurde. Auf der winzigen Herdplatte konnte man allenfalls etwas Wasser für ein Getränk heiß machen. Die Luft in den Räumen ist so feucht, dass die Bodenziegel an einigen Stellen etwas rutschig sind. Hier und da haben sich Tropfsteine gebildet. „Festungsdienst war nicht hoch angesehen“, berichtet Schwienbacher. Schon damals habe man gewusst, dass die feuchte Luft der Räume Atemwegs- und Gelenkerkrankungen verursachen könnte.
In diese Verlegenheit kamen allerdings gar nicht sehr viele Militärangehörige: Die Festungen und Zwischenwerke waren allenfalls einmal zwei Wochen lang übungsweise besetzt. Es stellte sich nämlich heraus, dass Köln im ersten Weltkrieg überhaupt keine große Rolle spielen sollte. Der Platz für 52.000 Soldaten und 6.000 Pferde, den die Preußen mit ihrem Kölner Festungsring geschaffen hatten, wurde also nie wirklich gebraucht.
Nachdem Deutschland den ersten Weltkrieg verloren hatte, mussten alle Festungen „entfestigt“, also gesprengt werden. Alliierte Siegermächte überwachten die Einhaltung dieser Auflage, die mit „Vorher-Nachher-Fotos“ dokumentiert werden musste. Überreste der Sprengungen finden sich noch immer im Festungsmuseum. Wer den gut geschützten Einlass passiert, steht heute vor einem Gang, der in einer Trümmerlandschaft endet.
„In jahrelanger Arbeit mussten Millionen von Ziegeln abgebaut werden. Noch heute liegt viel Basaltsplitterbeton von einstigen Festungen im Stadtwald“, sagt Schwienbacher. Die großen Hügel, wie der Pilzberg in Sülz oder der Herkulesberg in Neustadt-Nord, entstanden zwar erst mit den Trümmern, die die Kölner nach dem Zweiten Weltkrieg zusätzlich zu bewältigen hatten. Aber kleinere Hügel im Stadtwald können durchaus auf eine Beseitigung von Teilen der alten, preußischen Festungen hindeuten.
Erhalten blieb jeweils nur ein kleiner Teil der Anlagen, der für militärische Zwecke nicht nutzbar war. „Konrad Adenauer sah dafür drei andere Zwecke vor“, so der Geschichtsexperte über Kölns legendären einstigen Bürgermeister: „Die Nutzung für den Breitensport, das Anlegen von Schmuckgärten sowie Licht- und Luftbäder.“
Wie es aussieht, wenn Kehlräume alter Festungen für den Sport genutzt werden, können Insider zum Beispiel im Geißbockheim sehen, das auf der Kehlkaserne des Zwischenwerks VI b entstand: Dort wurden die Gewölbe gefliest und sind heute Umkleiden des Jugendleistungssportzentrums. Auch zum Beispiel in Bocklemünd, Mülheim, Buchheim und Höhenberg nutzen Vereine einen Teil der verbliebenen Räume. Ein bis heute erhaltener Schmuckgarten ist am Fort X in der Nähe des Lentparks. Und wie sich Adenauer ein „Licht- und Luftbad“ vorstellte, kann man sich in Müngersdorf ansehen: Dort wird das Zwischenwerk V a seit 1925 als Freiluft- und Gartenschule namens Freiluga genutzt, um Schülern Natur, Pflanzen und Nutzgärten näherzubringen.
Das Kölner Festungsmuseum ist nicht etwa eine städtische Einrichtung und wird auch nicht finanziell bezuschusst: Der gleichnamige Verein hat das Zwischenwerk VIII b von der Stadt Köln gemietet. Auch die Entfernung vieler Ladungen Schutt und Trümmer, die die Gänge viele Jahrzehnte lang ausfüllten, haben die Vereinsmitglieder in ehrenamtlicher Arbeit übernommen. Sie tragen auch die Kosten für alle Arbeiten, die unter Berücksichtigung der Denkmalschutzauflagen anfallen.
„Solche Orte haben eine Faszination“, meint Schwienbacher und betont, dass es ihm und den anderen Vereinsmitgliedern dabei nicht um den Militarismus geht, sondern um die Architektur, Technik und vor allem Stadtgeschichte. „Aus heutiger Sicht wirkt das burgenromantisch, aber damals war es der modernste Stand der Technik. Das Militär war immer mit den neuesten Entwicklungen ausgestattet.“ Seine Motivation für das hohe Maß an persönlichem Einsatz: „Geschichte soll man zeigen und aufarbeiten, nicht verstecken.“
Text: Johanna Tüntsch